Das Lied Wer das elent bawen wel ist seit dem 15. Jahrhundert schriftlich überliefert und wurde in der Liedersammlung Des Knaben Wunderhorn (1805 – 1808) aufgenommen. Insgesamt umfasst das Lied 26 fünfzeilige Strophen. Die ersten Strophen thematisieren zunächst die notwendige Pilgerausrüstung und die üblichen Reisevorbereitungen. Weiter wird über die Landschaften am Weg, der wahrscheinlich dem camino francés entspricht, und besonderen Berg- und Paßüberquerungen berichtet. Die Erzählung über einen Spitalmeister und dessen Untaten und Bestrafungen in Burgos nimmt den größten Teil des Liedes ein (Strophe 13-23) und verdeutlicht, dass sich dieses Lied insbesondere auf die Bedürfnisse und Probleme der einfachen Pilger, darunter die Verpflegung und Unterbringung, bezieht. Die letzten drei Strophen führen wieder zurück auf den Weg und enden mit dem Aufruf, den Heiligen Jakobus zu verehren.
Wer das elent bawen wel,
der heb sich auf und sei mein gesel
wol auf sant Jacobs straßen!
Zwei par schuoch der darf er wol
ein schüßel bei der flaschen.
Ein braiten huot den sol er han
und an mantel sol er nit gan
mit leder wol besezet
es schnei oder regn, oder wähe der wint
daß in die luft nicht nezet.
Sack und stab ist auch darbei,
er luog, daß er gebeichtet sei,
gebeichtet und gebueßet!
Kumt er in die welschen lant,
er findt kein teutschen priester.
Ein teutschen priester findt er wol
er waiß nit wo er sterben sol
oder sein Leben laßen,
stirbt er in dem welschen lant,
man grebt in bei der straßen.
So ziehen wir durch Schweizerlant ein,
sie heißen uns gott welkum sein
und geben uns ire speise,
sie legen uns wol und decken uns warm,
die Straßen tuont sie uns weisen.
So ziehen wir durch die welschen lant,
die seint uns bruedern unbekant,
das elent mueßen wir bawen:
wir ruofen got und Sant Jacob an
und unser liebe frawen.
[…]
Is ligen fünf berg in welschen lant,
die seint uns pilgram wolbekant:
Der erst haist Runzevalle,
und welcher bruoder darüber get,
sein backen werden im schmale.
[…]
Bei sant Jacob vergibt man pein und schult,
der liebe got sei uns allen holt
in seinem höchsten trone!
Der sant Jacob dienen tuot,
der lieb got sol ihm lonen.
Aus: HERBERS, K./PLÖTZ, R.: Nach Santiago zogen sie. Berichte von Pilgerfahrten ans Ende der Welt“. München: Dt. Taschenbuch-Verlag 1996. S. 151 – 161.