Die Via Jutlandica beginnt in Frederikshavn im Norden Dänemarks an der dänischen Ostseeküste und führt weiter über Aalborg und Viborg bis an die dänisch-deutsche Grenze. Frederikshavn war der Ankunftsort für die Pilger aus den anderen skandinavischen Ländern und damit eine Drehscheibe zwischen den nördlichen Wegen und denen, die nach Süden führten. Die Pilgerwege der Via Jutlandica, die erst seit 2007 wieder mit der Via Baltica südlich von Stade verbunden ist, verlaufen parallel zu einer alten Handelsroute, dem Heerweg oder auch Ochsenweg genannt, und sind über weite Strecken identisch mit dieser Route. Der Heerweg ist also ein Verbindungsstück zwischen den Pilgerrouten in Norwegen und Schweden und den südeuropäischen Pilgerrouten. 2010 wurde der Heerweg im Europarat zum Europäischen Kulturweg ernannt.
Die Verehrung des Apostels Jakobus war zwar nicht der Leitgedanke auf dem Heerweg, hærvej auf Dänisch, der, wie erwähnt, von Viborg bis an die dänische Grenze führte, doch scheint die Santiago-Wallfahrt in Skandinavien beliebt gewesen zu sein: Die Konzentration an Pilgermuschel-Funden in Skandinavien übersteigt beispielsweise die Anzahl der Funde in Deutschland. Ursprünglich ein Handelsweg bzw. ein Truppenaufmarschweg, wurde der Heerweg insbesondere im Mittelalter zur Pilgerroute in Richtung Santiago de Compostela und Rom, aber auch in den Norden nach Trondheim. Die Reformation setzte der Pilgertradition in Nordeuropa ein Ende, und der Weg diente jetzt vor allem dem Transport von Ochsen (38.069 Ochsen im Jahre 1551). Dieser Tatsache verdankt der Weg auch seinen zweiten Namen. Der Ochsenweg spielt auch heute noch eine Rolle als Handels- und Transportweg; das belegen die Europastraße E 45 sowie wichtige Eisenbahnverbindungen, die entlang der ursprünglichen Route verlaufen.
Während die Etappe zwischen Frederikshavn und Viborg bislang noch nicht gekennzeichnet ist (dies soll allerdings in naher Zukunft geschehen), ist der Wegabschnitt von Viborg aus bis weit hinter die dänisch-deutsche Grenze markiert. Seit 2008 gibt es hier auch Pilgerherbergen, die in alten umgebauten Bauernhöfen untergebracht sind. Auf dem Teilabschnitt zwischen Viborg und der deutschen Grenze befinden sich zahlreiche Wegkirchen. Manche dieser Dorfkirchen bergen wertvolle Kunstwerke, wie die aus dem 13. Jahrhundert stammende Klosterkirche in Horsens, über deren Hauptaltar unter anderem Jakobus der Ältere und Jakobus der Jüngere als Statuen zu sehen sind. In der Frelsers Kirke, die sich ebenfalls in Horsens befindet, ist der Heilige Jakob auf einem Flachrelief abgebildet.
In Jelling, bekannt insbesondere durch zwei Runensteine aus dem 10. Jh., ist eine Jakobusstatue samt Pilgerstab, Hut und Muschel zu sehen.
Allerdings wird die Jakobsverehrung in Dänemark häufig von anderen Heiligenkulten überlagert, darunter denen des Heiligen Peter und des Heiligen Johannes. Nahe der Øster Nykirke, der höchstgelegenen Kirche Dänemarks, die 1150 – 1200 in Give als Wallfahrtskirche erbaut wurde, befand sich beispielsweise eine dem heiligen Peter geweihte Quelle, die von zahlreichen Pilgern aufgesucht wurde. Heute ist sie versiegt, doch der von der Kopie einer mittelalterlichen Brunneneinfassung umgebene Tümpel ist nach wie vor eine Zwischenstation für viele Santiagopilger.
Neben wertvollen Kunstwerken in den Kirchen sind zahlreiche weitere Artefakte entlang des Heerweges zu finden, meist entstanden auf Initiative dänischer Organisationen bzw. Kirchengemeinden. In Viborg steht unter anderem ein Stein mit einem Kompass, der die Entfernungen zu den verschiedenen Wallfahrtsorten anzeigt. Auf dem Stein, der sich unmittelbar auf der Pilgerroute befindet, die in Viborg ihren Ausgangspunkt hat, ist der folgende Text von Peter Seeberg zu lesen:
"Jerusalem, Rom, Santiago de Compostela,
Hamburg, Lübeck, Paris, Finderup, Varde
Kræmmere, Krigere, Kærrer, Karosser,
Ryttere, Drivere
Vandringsmænd, Heste, Stude, Gæs,
Fromme, Gode, Onde, Ene, Langvejsfra til
Langvejssteder
Trætte ad den slyngede vej".
”Jerusalem, Rom, Santiago de Compostela,
Hamburg, Lübeck, Paris, Finderup, Varde
Krämer, Krieger, Karren, Karossen,
Reiter, Viehtreiber
Wanderer, Pferde, Vieh, Gänse,
Fromme, Gute, Schlechte, Einsame, von fern
her, von weit her zu weit entfernten Orten
des gewundenen Weges müde“.
In der Søndermarkskirche, ebenfalls in Viborg, hängt ein 10 Meter langer Wandteppich, der die einzelnen Stationen des Ochsenweges zwischen Viborg und Dannevirke zeigt und vor allem auch Dänemarks tausendjährige Geschichte widerspiegelt. 34 kleinere Bilder des Wandteppichs zeigen Orte und Sehenswürdigkeiten entlang des Ochsenweges, darunter Runensteine, Brücken (z. B. Immervad Bro) und Kirchen.
Die Immervad-Brücke (erbaut 1786) gilt als Wahrzeichen des Heerweges und ist eine der ältesten „richtigen“ Brücken auf dem Heerweg. Auch der Hærulfstein zieht die Blicke der Pilger auf sich; ein Runenschreiber meißelte hier um 900 n. Chr. den Namen „Hærulf“ oder „Hairulfr“ ein.
Weiter südlich gelangt man nach Kliplev, wo sich eine berühmte Wallfahrtskirche befindet (erbaut 1400-1536 im Stil der dänischen Spätgotik). Im Mittelalter war Kliplev ein bedeutender
Wallfahrtsort für Pilger, die sich in Bedrängnis befanden. Sie pilgerten zum Kruzifix „St. Hjælper“, das heute leider verschwunden ist; es zeigte einen Christus mit goldener Krone, goldenen
Handschuhen und goldenen Schuhen.
Anette Foged Schultz, eine in Viborg ansässige Pilgerpastorin, äußerte im Gespräch, dass sich Dänemark im Blick auf die Entwicklung seiner Jakobswege, deren Wiederentdeckung, Markierung und
Popularisierung im Vergleich zu anderen europäischen Ländern noch zehn Jahre im Rückstand befände. Aber auch in Dänemark ist mittlerweile ein Jakobsweg-„Boom“ zu beobachten, und der Kennzeichnung
der Routen zwischen Viborg und der dänisch-deutschen Grenzen folgten im Jahre 2001 die ersten Pilgerherbergen. Elisabeth Lidell, Dänemarks erste Pilgerpastorin, hat sich gemeinsam mit ihrem Mann,
dem Architekten Andreas Blinkenberg, dem Ausbau von Herbergen entlang des Heerweges zwischen Viborg und Padborg verschrieben. Insgesamt entstanden 11 Herbergen, die seit dem 1. Juni 2008 in den
Sommermonaten von Juni bis einschließlich August geöffnet sind. Inspiriert durch die Pilgerherbergen entlang des camino francés, baute Blinkenberg alte Bauernhöfe zu Herbergen um und stattete
diese mit Schlafräumen samt einfachen Kojen aus. Dem Projekt kam eine finanzielle Unterstützung zugute, die der erste Preis bei einem Architektenwettbewerb einbrachte. Nicht zuletzt dieses
Angebot an attraktiven Übernachtungsmöglichkeiten trägt dazu bei, dass der dänische Jakobsweg von Jahr zu Jahr bekannter wird und stetig mehr Pilger verzeichnet, wie Andreas Blinkenberg nicht
zuletzt anhand der steigenden Übernachtungszahlen feststellen kann.
Quellen: